Nissan Tiida 1.6

Fahrbericht.
Nissan Tiida 1.6 Acenta
Nissan kehrt in die Kompaktklasse zurück
Von Petra Grünendahl

Jetzt kommt er doch noch, der Nachfolger des Nissan Almera, der 2006 vom Markt verschwunden war: Tiida ist sein Name, in Japan ist er schon seit 2004 auf dem Markt. Er ersetzt seit Anfang dieses Jahres in Deutschland und Europa nicht nur den Almera, sondern füllt zugleich auch die Lücke, die er hier recht erfolgreiche Primera hinterlassen hat. Wem Quashqai und Note zu ausgefallen sind, der findet im Tiida wieder etwas für den klassischen Geschmack: gefällig, ja unauffällig ist er im Design, reizt aber keine Emotionen oder polarisiert gar wie manch expressiver gestaltetes Modell.

Knapp unter dem Qashqai hat Nissan den Tiida als Fünftürer platziert, mit 4,30 m ist er knapp 1 cm kürzer, 9 cm schmaler und 7 cm niedriger. Mit seinen 1,53 m Höhe ist er allerdings nicht gerade niedrig geraten. Die Stufenheck-Variante ist fast 18 cm länger. Er basiert auf der B-Plattform (Kleinwagen) der Renault-Nissan-Allianz, die ursprünglich für den Micra entwickelt wurde, und auf der jetzt auch die Nissan-Modelle Micra, Note, Micra C+C und Cube sowie die Renault-Modelle Clio und Modus stehen. Allerdings stehen Note und Tiida auf einer gestreckten Plattform mit etwa 2,60  m Radstand. Was der Fünftürer kann, zeigte eine erste Ausfahrt mit einem 1,6-Liter-Benziner in der mittleren Ausstattungslinie Acenta.

Guten Zugang zum Innenraum bieten die fünf Türen für Passagieren und Ladung. Hoch ist die Sitzposition in beiden Reihen, das erleichtert vor allem weniger beweglichen Insassen den Einstieg. Vorne sind die Sitze straff und eigentlich recht gut konturiert, aber sie könnten mehr Seitenhalt bieten. Die Rückbank ist weicher und weniger konturiert. Die Kopffreiheit ist trotz der hohen Sitzposition in beiden Reihen über jeden Zweifel erhaben, etwas eng wird es mit drei Leuten auf der Rückbank. Das Platzangebot ist ansonsten aber in beiden Reihen großzügig, wenn man nicht viel Laderaum braucht: die Rückbank kann nämlich um 24 cm verschoben werden, was mehr Platz für die Fondpassagiere bei weniger Laderaum bedeutet.

Der Zugang zum Gepäckabteil ist allerdings dank der nach unten quasi pfeilförmig verlaufenen Heckklappe recht schmal. Praktisch ist anders! Dahinter verbirgt sich ein Abteil, dass je nach Stellung der um 24 cm verschiebbaren, auch in der Neigung justierbaren Rückbank zwischen 300 und 425 Liter fasst. Das großzügiges Platzangebot in der zweiten Reihe geht halt zu Lasten der Laderaumgröße: 300 Liter bei am weitesten zurückgeschobener  Rückbank sind keine Glanzleistung. Bei 425 Litern Fassungsvermögen und am weitesten vorgeschobener Rückbank bleibt dafür ein Knieraum übrig, wenn die Frontpassagiere ihre Sitze bis ganz nach hinten schieben … Eine flexible Nutzung ermöglicht die asymmetrische Teilung der Rückbanklehne, allerdings ergibt sich keine auch nur annähernd ebene Ladefläche. Angaben zur Laderaumkapazität bei vorgeschobener Rückbank und umgeklappter Rückbanklehne dachhoch macht Nissan leider nicht. Die Übersicht geht nach vorne ja ganz in Ordnung, nach hinten hinaus ist sie nicht wirklich prickelnd. Sehr empfehlenswert ist hier eine Einparkhilfe hinten: die gibt es auf der Zubehör-Liste für den nachträglichen Einbau beim Händler.

Das Cockpit ist funktional gestaltet und aufgeräumt, es gibt in der Bedienung keinerlei Rätsel auf. Diverse Ablagefächer erleichtern das Verstauen von Kleinkram. Auf ordentlichem Niveau liegen Materialqualität und Verarbeitung. Drei Ausstattungslinien stehen zur Wahl: die Basisversion heißt Visia, darüber rangiert Acenta und als Top-Ausstattung gibt es die Linie Tekna. Ab der Basisversion verfügt der Tiida zum Beispiel über eine funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrisch einstellbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber vorne und hinten sowie 15-Zoll-Stahlfelgen mit Radabdeckungen. Lenkrad und Fahrersitz sind höhenverstellbar. Die Acenta-Ausstattung bringt darüber hinaus unter anderem 15-Zoll-Leichtmetallfelgen, Nebelscheinwerfer, ein Multifunktions-Lederlenkrad, Bordcomputer, eine Bluetooth-Schnittstelle mit Freisprecheinrichtung, Klimaautomatik und Geschwindigkeitsregelanlage, ein Audio-System mit Radio und CD sowie Fahrlichtautomatik und Regensensor mit. Gegen Aufpreis gibt es das elektrische Glas-Hub-Schiebedach sowie das Executive-Paket mit DVD-Navigationssystem und CD-Wechsler sowie eine Einparkhilfe hinten als nachträglich einzubauendes Zubehör.

Der 1,5-Liter-Dieselmotor der Baureihe stammt von Renault, die beiden Benziner sind Nissan-Eigenentwicklungen. Der 1,8-Liter-Motor leistet 126 PS, unser 1,6-Liter-Saugbenziner 110 PS.  Gut nimmt der Vierzylinder-Vierventiler Gas an. Er dreht freudig hoch und ist bei höheren Drehzahlen etwas eindringlicher im Innenraum zu vernehmen. Er braucht Drehzahl, denn das maximale Drehmoment von 153 Nm erreicht er erst bei 4.400 U/min. Allerdings ist er auch unten herum nicht zu schlapp, denn bereits ab 1.250, 1.300 Touren stehen schon über 120 Nm zur Verfügung. Ruhig und vibrationsarm läuft der Motor. Antritt und Durchzugsvermögen über das relevante Drehzahlband sind ebenso  wie die Leistungsentfaltung in dieser Klasse mit der vorhandenen Motorisierung nicht zu beanstanden.

Das manuelle Fünfgang-Schaltgetriebe schaltet sich locker und flockig aus der Hand, präzise gleitet der Knüppel durch die Schaltkulisse. Die Getriebeübersetzung ist insgesamt eher kurz geraten, das trägt mit dazu bei, dass der Tiida doch recht flott unterwegs ist. Der Wagen könnte aber einen sechsten Gang gebrauchen, was auf Autobahntouren das Geräuschniveau aus dem Motorraum noch etwas senken würde und vielleicht auch dort den Verbrauch noch etwas senken würde.

In 11,1 Sekunden beschleunigt der Tiida aus dem Stand auf Tempo 100, seine Höchstgeschwindigkeit erreicht er bei 186 km/h. Auf 100 km im Stadtverkehr konsumiert er 8,9 Liter Superbenzin, außerorts sind es 5,7 Liter und im gemischten Verbrauch nach EU-Norm 6,9 Liter (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU4, der CO2-Ausstoß beträgt 165 g pro km.

Das Fahrwerk ist identisch mit den anderen Modellen, mit denen er sich die Plattform teilt, wie Note und Micra (sowie Renault Clio und Modus). Serienmäßig steht der Tiida auf 15-Zoll-Rädern mit 195/65er Reifen. Die Federung ist hier straffer abgestimmt, sie pariert einzelne Unebenheiten recht geschmeidig, lässt den Tiida aber auf dicht aufeinander folgende Bodenwellen etwas unruhig werden. Die Neigung zum Untersteuern in schnellen Kurven hält sich sehr in Grenzen, denn das etwas übereifrige ESP bremst den Tiida schon früh ein. Lastwechselreaktionen bei plötzlichen Spurwechseln werden schon im Ansatz unterdrückt, im Handling gibt sich der Tiida sehr neutral, gutmütig und unproblematisch. Das und die etwas gefühllos wirkende Lenkung halten den Fahrspaß in sehr überschaubaren Grenzen. Sehr gut und sicher verzögern die Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet).

Der Sicherheit der Insassen dienen der hochfeste Karosseriekörper mit Aufprallenergie abbauenden Elementen, eine Sicherheitsfahrgastzelle, seitliche Schutzprofile in den Türen sowie gezielte Verstärkungen im Bereich der Türen und Schweller, Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen fünf Plätzen, aktive Kopfstützen vorne, Front- und Seitenairbags vorne, Kopfairbags vorne und hinten, sowie zwei Isofix-Kindersitzvorrüstungen hinten. Der Nissan Tiida wurde noch keinem EuroNCAP-Crash unterzogen. Von seinen Brüdern, die auf der gleichen Plattform stehen, erhielten die Nissan (Micra 2003, Note 2006) vier Sterne für Insassensicherheit, die beiden Renault (Clio 2005, Modus 2004) fünf. An Fahrassistenzsystemen hat Nissan dem Tiida ab der Basisversion ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung EBD, einen Bremsassistenten sowie ESP mitgegeben.

 

Ab 15.990 Euro ist der Nissan Tiida Visia mit 1,6-Liter-Basismotor in der fünftürigen Variante zu haben, die Stufenheck-Limousine ist 300 Euro teurer. In der sehr kompletten Acenta-Version schlägt er mit Preisen ab 18.890 Euro zu Buche. Aufpreis kosten Metallic- oder Mineraleffekt-Lackierungen, das Executive-Paket mit Navigationssystem und CD-Wechsler sowie ein elektrisches Glas-Hub-Schiebedach.

Nissan gibt eine dreijährige Neuwagen-Garantie (bis 100.000 km) inkl. Mobilitätsgarantie fast europaweit, drei Jahre auf den Lack sowie zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Garantieverlängerungen sind gegen Aufpreis bis ins fünfte Jahr möglich. Beim Einhalten der Inspektionsintervalle verlängert sich die Mobilitätisgarantie Pan Nissan Service auf bis zu 10 Jahre. Zum Service muss der Tiida alle 30.000 km oder einmal im Jahr. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 17 / 19 / 17 (KH / VK / TK) ein.

© Juni 2008
Petra Grünendahl
, Fotos: Nissan

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