Testbericht.
VW Phaeton 3.2 V6
Etwas unhandlich für kleine Parklücken … 😉
Von Petra Grünendahl
Eine besondere Faszination übt dieses Auto anscheinend auf Jungen zwischen 12 und 15 aus. Unverholen neugierig und meistens mit einem „Wow“ auf den Lippen nähern sie sich der 5,06 m langen und 1,90 m breiten Luxuslimousine aus Wolfsburg. Mächtig imposant ist schon seine Erscheinung. Nicht nur die Größe, sondern auch die verhältnismäßig üppige Ausstattung mit Chrom-Zierrat verheißen Luxus. Dabei wirkt Volkswagens Phaeton aber keineswegs protzig. Vielmehr verraten seine Linien eine gewisse zeitlose Eleganz. Unverkennbare Akzente setzen die weit in die Seitenflanken gezogenen Frontscheinwerfer mit dem Adlerblick sowie die LED-Heckleuchten. Dafür fehlt ihm in der Seitenansicht das gewisse Etwas.
Wir wollten wissen, was der größte Volkswagen kann. Im Test versuchte ein schwarz lackierter Phaeton mit 3,2-Liter-Sechszylinder-Motor von Oberklasse-Qualitäten zu überzeugen, für die Volkswagen bislang noch kein Image hat. Der Sechszylinder kam mit einer Fünf-Stufen-Automatik, es gibt ihn aber auch – als einzigen Motor der Baureihe – mit einer manuellen Sechsgang-Schaltung.
Vier Türen ermöglichen einen einfachen Zugang für die Passagiere vorne und hinten. Die Übersicht vom Fahrersitz über die riesigen Ausmaße der Karosserie ist erstaunlich gut, aber die Einparkhilfe vorne und hinten hat der Wagen trotzdem bitter nötig, weil ein Einparken natürlich in der Regel Millimeter-Arbeit ist. Die Karosserie ist sehr gut gedämmt gegen Windgeräusche, aber auch zum Motorraum, von wo der Motor nur bei einem kräftigen Tritt aufs Gaspedal überhaupt zu vernehmen ist. Platz haben bis zu fünf Passagiere mehr als reichlich, das gilt vorne wie hinten – vor allem für die Kniefreiheit. Trotzdem ist der mittlere Sitz auf der Rückbank nicht für längere Fahrten gedacht. Zwar ist er mit Drei-Punkt-Gurt und Kopfstütze (versenkbar bei Nicht-Gebrauch), aber dank gut ausgeformter Außensitze kommt man sich ja doch eher vor wie aufgebockt. Das ist der Platz mit heruntergeklappter Armlehne schon besser genutzt. Als Viersitzer (gegen entsprechenden Aufpreis) verfügt der Phaeton nicht nur über 18-Wege-Komfortsitze vorne und verstellbare Einzelsitze im Fond, sondern auch über eine lang durchgezogene Mittelkonsole sowie je zwei Mittelarmlehnen vorne und hinten, die mehr Komfort bieten. Das Gepäckabteil ist rechteckig geschnitten, angemessen breit und riesig. Es fasst 500 Liter Ladung. Dank seiner üppigen Ausstattung trägt unser Phaeton 2.110 kg Leergewicht mit sich rum (Serie 3.2 V6 Automatik: 2.056 kg), was die erlaubte Zuladung auf 530 Liter reduziert. Vier Verzurrösen erleichtern das Sichern der Ladung im Gepäckabteil, ein Fach an der rechten Seite in der Gepäckraumverkleidung fasst Kleinkram.
„Das sieht ja aus wie die Oberkasseler Kirmes“, kommentierte ein Kollege das Armaturenbrett. In der Tat ist es gut, dass man fürs Fahren ja erst mal nur Gaspedal, Bremse und Lenkrad braucht, denn es dauert schon seine Zeit, bis man den Überblick über die üppige Ausstattung an Funktionen hat. Das Interieur ist ganz in sonnenbeige gehalten, die Oberseite des Armaturenbrettes ist mit dunklem Leder bezogen, was störende Reflexe in der Frontscheibe vermeidet. Die hellen Teppiche sind etwas schmutzempfindlich. Die Verarbeitung ist tadellos, die verwendeten Materialen hochwertig. Die Pedalkappen aus Edelstahl, die Lederausstattung und Holzapplikationen sorgen für ein edel-wohnliches Ambiente. Ablagen stehen im Handschuhfach, in allen vier Türen, in den beiden Getränkedosenhaltern auf dem Mitteltunnel vorne, neben dem eingebauten Telefon in der vorderen Armlehne, an den Rückseiten der vorderen Sitzlehnen sowie für die Brille über den Innenspiegel im Dachhimmel zur Verfügung. Das Fach in der Armlehne auf der Rückbank ist mit dem Erste-Hilfe-Kasten gut gefüllt. An der Armlehne lassen sich zwei Getränkedosenhalter für die Fondpassagiere ausfahren.
Die Serienausstattung des Basis-Phaetons – um einen solchen handelt es sich beim Sechszylinder-Modell – ist schon sehr umfangreich. Sie umfasst alle kleinen Annehmlichkeiten des Autofahrerlebens wie die funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber vorne und hinten, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, ein automatisch abblendender Innenspiegel, Audiosystem mit CD-Wechsler, elektrisch einstellbare 12-Wege-Sitze mit Lendenwirbelstütze vorne, eine Vier-Zonen-Klimaautomatik, ein Multifunktions-Lederlenkrad, Dämmverglasung rundum (Windschutzscheibe ist infrarot reflektierend) sowie Xenon-Licht mit dynamischer Leuchtweitenregulierung, eine Luftfederung mit elektronischer Dämpferregelung, Geschwindigkeitsregelanlage und Regensensor.
Die Aufpreisliste ist lang, exklusiv und teuer: Sie reicht vom Multifunktions-Leder-Holzlenkrad, dem elektrischen Sonnenschutzrollo an der Heckscheibe, der Volllederausstattung mit Komfortsitzen (inklusive Sitzklimatisierung und Massagefunktionen) und Memory-Paket, dem High-End-Audiosystem mit Telefoneinbau und Navigationssystem über die Fondbedienung der Vier-Zonen-Klimaautomatik, Nebelscheinwerfer und einer Scheinwerferanlage mit Doppel-Xenon für Abblend- und Fernlicht/Lichthupe, einer automatischen Fahrlichtschaltung (über Dämmerungssensor) und der Tiptronic-Bedienung über Schaltwippen am Lenkrad (sehr praktisch, wenn man lieber von Hand schaltet!) bis hin zum Schließ- und Startsystem „Keyless Access“, einer Parkdistanz-Kontrolle vorne und hinten (sehr sinnvoll bei dieser riesigen Karosserie) sowie einer Alarmanlage mit Innenraumüberwachung und Abschleppschutz.
Der Basis-Motor des Phaeton ist ein 3,2-Liter-Sechszylinder mit 241 PS. Super kultiviert und vibrationsarm ist er im Innenraum im Leerlauf praktisch nicht zu hören – oder zu spüren. Erst wenn man zum Beschleunigen kräftig aufs Gaspedal tritt, macht sich der Motor akustisch bemerkbar. Schon ab dem Leerlauf setzt er Kraft pur frei. Sein maximales Drehmoment von 315 Nm liegt bei 2.400 Touren an, schon bei 1.000 U/min. sind es mehr als 220 Nm. Sehr souverän setzt der Sechszylinder die schwere Karosserie in Gang. Die sehr gut abgestufte Fünfstufen-Automatik schaltet zügig, ruhig, sauber und kaum spürbar hoch und runter.
Der Tank fasst gute 90 Liter Kraftstoff. Den braucht der Phaeton aber auch für eine befriedigende Reichweite, speziell bei den voluminöseren Motoren. Schon der Sechszylinder ist nicht gerade sparsam, aber er bewegt ja auch über 2,1 t Lebendgewicht. Im Stadtverkehr schluckt er knappe 17,1 Liter je 100 km, außerorts sind es immer noch 9,4 Liter. Im gemischten Verb auch nach EU-Norm konsumiert er bei ökonomischer Fahrweise 12,1 Liter, im Test schluckte er bei wenig ökonomischer Fahrweise, schneller Autobahnfahrt und viel Stadtverkehr rund 17,5 Liter. Er begnügt sich auch mit Super bleifrei, ist aber optimiert auf Super Plus. Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU4. Aus dem Stand auf Tempo 100 reichen ihm 9,4 Sekunden – ein guter Wert angesichts seiner Masse in Verbindung mit der Getriebeautomatik. Die Höchstgeschwindigkeit liegt in dieser Ausstattung bei guten 242 km/h.
Der Sechszylinder als Einstiegsmotorisierung ist mit Frontantrieb kombiniert, die leistungsstärkeren Varianten gibt es nur mit dem Allradantrieb 4Motion. Die Lenkung ist leichtgängig und präzise, der lange Radstand (2,88 m) verhilft zu einer guten Straßenlage und einem tadellosen Geradeauslauf. Das serienmäßige Luftfeder-Fahrwerk verfügt über eine elektronisch geregelte Dämpfung. Der Fahrer kann zwischen vier Stufen von komfortabel bis sportlich wählen, wobei „sportlich“ hier immer noch sehr komfortabel, wenn auch sehr dynamisch ist. Bei höheren Geschwindigkeiten senkt die Niveauregulierung der Luftfederung das Fahrzeug ab, durch ein manuelles Anheben der Karosserie können besonders schlechte besser gemeistert werden. Die stufenlos geregelte Dämpfung über Zweirohr-Gasdruckstoßdämpfer passt sich unterschiedlichen Beladungszuständen und Aufbaubewegungen während der Fahrt automatisch an und verbessert auch in extremen Fahrsituationen Fahrkomfort und Fahrsicherheit. Neben seinem sicheren Fahrverhalten bietet der Phaeton aber auch eine Fahrdynamik, die man von einem Fahrzeug dieser Größe nicht unbedingt erwartet. Von der Agilität meint man, in einem gut motorisierten Kleinwagen zu sitzen, so pfiffig nimmt er Kurven und Biegungen. Plötzliche Ausweichmanöver absolviert er leichtfüßig, souverän schert er danach wieder ein. Auch im Slalom macht er mit sauberen Bewegungen eine gute Figur.
Der Phaeton ist mit allen gängigen Fahrwerksregelsystemen gespickt: Das reicht vom ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung und Bremsassistent bis hin zur Antriebsschlupfregelung mit elektronischer Differenzialsperre an den Antriebsrädern und ESP. Die beim Sechszylinder serienmäßigen 16-Zoll-Leichtmetallräder sind bezogen mit 235/60er Reifen. Die bieten angesichts ihrer Breite hervorragende Traktion, sehr viel Seitenführung in schnellen Kurven und unterstützen die Vernichtung des Vortriebs im Notfall. Die breiten Reifen bieten mit ihrem 60er Querschnitt zudem guten Komfort. Der Fahrkomfort geht dabei aber nicht auf Kosten des guten Fahrbahnkontaktes. Die Bremsanlage ist rundum mit innenbelüfteten Scheibenbremsen bestückt. Die Bremsen sprechen schnell an, sind gut dosierbar und bringen den schweren Wagen schnell und sicher zum Stehen. Ein Handbremshebel ist nicht vorhanden, die Feststellbremse wird mit dem Fuß betätigt und über einen Zugschalter seitlich vom Lenkrad wieder gelöst.
Der passiven Sicherheit dienen die extrem steife Fahrgastzelle und maximaler Flankenschutz; hochfeste Metalle und Spezialkunststoffe sorgen für konkurrenzlose Torsionssteifigkeit. Die Passagiere schützen bei einem Unfall darüber hinaus Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen auf allen Sitzen (vorne sogar aktive Kopfstützen), Frontairbags vorne sowie Seiten- und Kopfairbags vorne und hinten. Die Außenplätze der Rückbank sind mit Isofix-Kindersitzbefestigungen bestückt.
Ab 57.300 Euro steht der Phaeton in der Basismotorisierung 3.2 V6 in der Preisliste. Mit Automatik-Getriebe Tiptronic kommt er auf 58.950 Euro. Extra kosten in der Basismotorisierung unter anderem die Volllederausstattung mit Komfortsitzen vorne und Memory-Paket, die Einparkhilfe vorne und hinten, die Schaltwippen zum manuellen Schalten beim Automatikgetriebe, der schlüssellose Zugang „Keyless Access“ sowie die Alarmanlage.
Die Inspektions- und Ölwechselintervalle betragen 30.000 km (maximal zwei Jahre). Volkswagen gibt eine Sachmängelhaftung von zwei Jahren auf das Neufahrzeug, drei Jahre auf den Lack und zwölf Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Die von Volkswagen bekannte Longlife Mobilitätsgarantie ist umfangreicher als für VW-Modelle der unteren Klassen (sie beinhaltet zum Beispiel einen Ersatz-Phaeton für bis zu fünf Tage sowie andere Extras) und ist abhängig vom Einhalten der Inspektionsintervalle. Ein weiteres Plus beim Phaeton ist der Convenience Service: Er schließt einen Hol- und Bringservice für alle Wartungen, Reparaturen und Pannen ein. Verschiedene andere Service-Extras können gegen Aufpreis zusätzlich gebucht werden. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 22 / 27 / 27 (KH / VK / TK – nach der neuen Struktur in der Fahrzeugversicherung) ein.
© Februar 2004
Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM