Testbericht.
Nissan Almera 2.2 DI Comfort Stufenheck
Braver Vertreter in der unteren Mittelklasse
Von Petra Grünendahl
Von vorne trägt der Stufenheck-Almera das ausdrucksstarke Gesicht des Steilhecks. Mit dem angehängten Kofferraum verliert der Almera jedoch seinen kecken Schwung im Dach. Schade eigentlich, denn als Stufenheck bietet er so zumindest von der Seite nur optische Hausmannskost.
In hochmodischem Nevadasilber Metallic fuhren wir die Almera Limousine. Nach dem 1,8-Liter-Benziner mit Automatikgetriebe in der fünftürigen Steilheckversion testeten wir im Stufenheck-Modell den 2,2-Liter-Turbodiesel-Direkteinspritzer mit 110 PS in der Comfort-Ausstattung.
Vorne sitzen die Passagiere gut. Straffe, gut konturierte Sitze bieten ausreichend Platz. Die hintere Reihe bietet dank des früh abfallenden Daches nur recht wenig Kopffreiheit, die gerade größeren Fondpassagieren fehlen dürfte. Die drei Kopfstützen hinten sind zwar nicht versenkbar, aber sie behindern dennoch kaum die Sicht nach hinten. Die Übersicht ist aber dennoch nicht optimal, eine Einparkhilfe wäre gut, ist auch als Händlernachrüstung verfügbar.
Der Kofferraum fasst mit 460 Litern Inhalt vergleichsweise ordentlich Gepäck, die maximale Zuladung ist mit 430 kg bei einem Leergewicht von 1.370 kg angegeben, kann aber je nach Reichhaltigkeit der Ausstattung bei mageren 355 kg für den Viertürer liegen. Die Ladekante ist limousinenüblich, die Einladebreite dank geteilter Rückleuchten ordentlich. Gut nutzbar ist der Laderaum dank großzügigen Zuschnitts. Die Rücksitzlehne ist asymmetrisch geteilt (rechts die schmalere Seite) und lässt sich zur Erweiterung des Laderaumes nach vorne klappen.
Besonders einfallsreich ist das Cockpit nicht gestaltet. In drei Schattierungen Grau wirkt das Armaturenbrett aber nicht trist, auch an Materialqualität und Verarbeitung ist nichts auszusetzen. Gute Übersicht und die Erreichbarkeit der Schalter gewährleistet, dass der Fahrer seine Aufmerksamkeit der Straße widmen kann.
Mit CD-Wechsler findet sich kein Platz in der Mittelkonsole für die Sonnenbrille. Das heutzutage bei den Designern so beliebte Brillenfach über dem Innenspiegel ist nichts für Brillenträger, denn im Zweifelsfalle während der Fahrt zwei Mal über Kopf hantieren, das kann es nicht sein. Ablagen sind ansonsten in ausreichender Anzahl vorhanden: Ein Handschuhfach, ein Fach (mit Deckel) auf dem Armaturenträger, ein Fach in der Mittelarmlehne, Ablagefächer in den Türen sowie Taschen in den Sitzlehnen für die Fondspassagiere. Ein Taschenhaken zum Fixieren der Einkaufstaschen in Fußraum des Beifahrersitzes, ein Regenschirmhalter vor der Rückbank sowie ein Aktentaschengurt für den sicheren Halt vor der Rückbank gehören zu den innovativen Details der zweiten Almera-Generation.
Gut gedämmt ist die Karosserie nach außen. Windgeräusche dringen kaum in den Innenraum durch. Mehr ist vor allem zu Fahrtbeginn von dem Selbstzünder unter der Motorhaube zu vernehmen.
Der Motor verfügt über eine konventionelle Turbodiesel-Direkteinspritzung. Das ist nicht der letzte Stand der Dieseltechnologie. Vor allem kalt nagelt er, was das Zeug hergibt. Unterwegs auf der Autobahn gibt sich seine akustischen Präsenz aber, sobald der Motor etwas warm gefahren wurde. Auch von Laufruhe und der Spritzigkeit von Dieselmotoren mit Common-Rail- oder Pumpe-Düse-Einspritzung ist er doch etwas entfernt.
Trotz der eher auf Sparsamkeit angelegten Getriebeübersetzung kann man sich über mangelndes Durchzugsvermögen – zumindest für einen konventionellen Turbodiesel – nicht beklagen. Gut liegt er am Gas, beschleunigt subjektiv gesehen ganz vernünftig – objektiv sind es aber doch 11,5 Sekunden auf Tempo 100 – und man ist vom Gefühl her auch nicht untermotorisiert. Auch 187 km/h Höchstgeschwindigkeit ist ganz in Ordnung und für geruhsames Reisen nicht zu langsam. Der Almera Stufenheck ist halt kein sportliches Auto.
Fährt man eher sportlich, am oberen Rande seines Leistungsvermögens, dann geht der Selbstzünder auch mit dem Sprit nicht mehr knauserig um. Bei ökonomischer Fahrweise sind gibt Nissan 4,7 Liter Diesel auf 100 km außerstädtisch, 7,9 Liter in der Stadt sowie 5,9 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm an. Der Motor erfüllt die gängige Abgasnorm EU3.
Die Schaltung ist präzise, das Kupplungsspiel nicht zu lang. Die Bremsen (Scheibenbremsen rundum, vorne innenbelüftet) packen kräftig zu. ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung und Bremsassistent sowie die an unseren Testwagen montierten breiteren Reifen (195/60er) sorgen für gute Bremswege, die allerdings im Test – bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und mit Sommerreifen – leider nicht nachzuvollziehen waren.
Leichtgängig folgt die Lenkung den Anweisungen des Fahrers. Der Wendekreis zeichnet sich jedoch nicht gerade durch Sparsamkeit aus. Guter Fahrbahnkontakt vermittelt eine sichere Straßenlage. Trotz identischen Radstands ist die Stufenheck-Variante lange nicht so agil wie der fünftürige Kompakte. Gute 24 cm ist seine Karosserie länger, aber vom Gewicht nehmen sich die beiden nichts. Immerhin teilt das Stufenheck-Modell das problemlose, neutrale Handling des Kompakten. Leichtes Untersteuern kündigt die Annäherung an den Grenzbereich an. Ansonsten ist das Fahrverhalten auch in schnellen Kurven eher neutral, tückische Lastwechselreaktionen sind ihm fremd. Plötzliche Spurwechsel meistert er stabil, auch das wieder Einscheren bereitet ihm keine Probleme. Recht komfortabel ist das Fahrwerk ausgelegt, aber ausreichend straff, um auf der sicheren Seite zu fahren.
Die Fernbedienung für die Zentralverriegelung verfügt über eine Anti-Hijack-Funktion: Beim ersten Klick entriegelt nur die Fahrertür. Auf den zweiten Klick werden alle anderen Türen sowie die Heckklappe freigegeben. Die Wegfahrsperre NATS verhindert das Starten des Motors ohne codierten Zündschlüssel. Die verstärkte Karosserie, energieabsorbierende Innenraumverkleidung, Front- und Seitenairbags für die Frontpassagiere, fünf Drei-Punkt-Gurte und Kopfstützen, aktive Kopfstützen vorne, Isofix-Kindersitzvorrüstungen auf den Außenplätzen hinten schützen die Passagiere im Innenraum ab der Basisversion serienmäßig. Aktive Sicherheit bieten Servolenkung, ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung und Bremsassistent. ESP ist noch nicht verfügbar.
Ab 30.100,22 Mark steht der Almera als Stufenheck-Limousine beim Händler – mit 1,5-Liter-Motor und Basis-Ausstattung. In der Comfort-Ausstattung legt man ab 31.488,86 Mark auf den Tisch, mit 2,2-Liter-Turbodiesel-Direkteinspritzung ab 35.889,48 Mark. Die Serienausstattung ist umfangreich und umfasst u. a. wärmedämmender Verglasung, Kopfstützen und Drei-Punkt-Gurte auf allen Sitzen, Radiovorbereitung, Sonnenblenden mit Spiegeln (ab der Comfort-Ausstattung beleuchtet). In der Comfort-Ausstattung kommen elektrisch einstellbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber vorne, Schirmhalter und Aktentaschengurt dazu. Das Comfort-Plus-Paket (1.232 Mark) beinhaltet elektrische Fensterheber hinten, Frontscheibenwischer mit Intervallschaltung, ein Audiosystem sowie die Fernbedienung für die Zentralverriegelung. Die Metallic-Lackierung kostet ebenso Aufpreis (724 Mark) wie die Klimaanlage (2.151 Mark), Leichtmetallfelgen (1.027 Mark) und CD-Wechsler (749 Mark).
Drei Jahre Garantie auf den Wagen (bis 100.000 km) sowie 12 Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung gewährt Nissan. Dazu kommt eine Drei-Jahres-Garantie auf den Lack sowie ein Jahr auf alle beim Nissan-Partner eingebauten Original-Ersatzteile. Die Versicherungen langen aber mit den Einstufungen 18 / 19 / 32 (KH / VK / TK) ganz ordentlich hin.
© November 2001 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM