Testbericht.
Fiat Barchetta Riviera 1.8
Italienischer Roadster
Von Petra Grünendahl
Von der lang gezogenen Motorhaube mit den weichen Wölbungen bis hin zum Heckabschluss mit den kecken Rundungen ist Fiat Barchetta schon was fürs Auge. Erinnerungen an die alten Spider-Modelle aus Turin werden wach. Aber hält der aufregende Italiener auch, was er verspricht? Wir testeten einen Barchetta Riviera in Stahlgrau metallic mit rotem Verdeck. Ausgestattet ist der Roadster in allen Ausstattungsvarianten mit einem 1,8-Liter-Motor mit 131 PS. Neben der Basisausstattung gibt es zurzeit zwei Sondermodelle: Riviera und Lido.
Sitzriesen dürfen die Passagiere nicht sein: Dann kriegen sie im geschlossenen Barchetta Probleme. Normal Gewachsene finden auf den straffen Leder-Sportsitzen ausreichenden Platz. Sitze, Lenkrad, Schaltknauf und Türverkleidungen sind mit Leder bezogen. Die Cockpitverkleidung passend in rotem und alufarbigem Kunststoff. Das Ganze ist gut verarbeitet, auch die Materialqualität stimmt. Das PVC-Verdeck ist beim Riviera farblich auf das Interieur abgestimmt. Die austauschbare Heckscheibe ist sommer- und sonnentauglich – aus Metacrylat.
Einfach und puristisch ist die Cockpitgestaltung: kein Element zuviel stört das fast schon englische Roadster-Feeling des „Mehr muss einfach nicht“. Die wenigen Schalter und Anzeigen sind alle in Griffweite und gut einsehbar, zumindest bei Fahrern meiner Größe. Das Lenkrad ist nämlich nicht höhenverstellbar. Ein Stilbruch ist allerdings angesichts des analogen Kilometerzählers die Digitaluhr auf der Mittelkonsole. Funkfernbediente Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, elektrisch einstellbare Außenspiegel und Windschott hat der Barchetta Riviera ab Werk. Trotz Windschott zieht es aber trotzdem ganz schön. Eine Klimaanlage kostet Aufpreis.
Leider gibt es kaum Ablagefächer und auch kein Handschuhfach, nur ein abschließbares Fach auf dem Getriebetunnel zwischen den Sitzen sowie Taschen in den Türen und hinter den Sitzen. Sie bieten aber alle keinen großen Stauraum. Da hilft eigentlich nur: so wenig Handgepäck wie möglich!
Das Verdeck verschwindet bei trockenem Wetter praktisch und ohne Komplikationen unter einer manuellen Verdeckklappe. Dass man die Verdeckklappe schon mal auf beiden Seiten zum Einrasten festdrücken muss, fällt eher unter den südländischen Charme des Italieners als dass man es als ärgerlich empfindet.
Der Kofferraum – nein, „Koffer“ ist übertrieben –, der Laderaum fasst 165 Liter: Roadster-Größe halt. Mit seiner verhältnismäßig großen Tiefe bei dafür etwas weniger Höhe ist er aber gut nutzbar. Nur die hohe Ladekante – der Kofferraumdeckel sitzt ja wirklich fast oben auf – erschwert das Ein- und Ausladen schwerer Gegenstände. Aber Transporte sind ja nun wirklich keine Aufgabe für einen Roadster.
Das Fahren ist das Wichtigste: Der Weg ist das Ziel. Und hier hat die Barchetta wirklich was zu bieten. Der 1,8-Liter-Motor mit 131 PS ist für einen Roadster mit einem Leergewicht von 1.135 kg absolut ausreichend. Er tritt kräftig an, zieht über den gesamten Drehzahlbereich sehr gut durch. Dank der knackig kurzen Getriebeübersetzung nimmt er auch schaltfaules Fahren nicht übel. Er läuft vibrationsfrei, macht sich dafür aber – vor allem offen – akustisch bemerkbar, ohne jedoch unangenehm zu sein.
In 8,9 Sekunden spurtet er von Null auf Tempo 100, bei 200 km/h erreicht er seine Höchstgeschwindigkeit. Das sind sportliche Fahrleistungen, die für einen Roadster – zumal offen gefahren – schon an der Grenze dessen liegen, was man sich erlauben sollte, denn es wird windig und laut. Die Windgeräusche drängen das sportliche Brummen des Motors in den Hintergrund.
Sportlich ist auch der Verbrauch: 11,8 Liter Superbenzin auf 100 km im Stadtverkehr ist fast schon unanständig. Die langsame Fahrt durchs Dorf zum Gesehen werden geht damit einfach ins Geld. Besser und billiger ist, die Qualitäten des Bötchens in freier Wildbahn auszutesten: Über Land ist er um einiges genügsamer mit 6,6 Litern auf 100 km, im gemischten Verbrauch nach EU-Norm kommt er auf 8,5 Liter (alles Herstellerangaben).
Die Schaltung ist super kurz und knackig, dass es die wahre Freude ist, den Hebel zu führen. Präzise ist auch die Lenkung, der der Wagen zielgenau folgt. Auch hier kommt Freude auf. Leichtgängig in unteren Drehzahlbereich ermöglicht sie auch passgenaues Einparken. Nur mit geschlossenem Verdeck lässt die Rundumsicht in der kompakten 3,92 m langen, 1,64 m breiten Karosserie hinten etwas zu wünschen übrig. Tadellos verzögern die Bremsen (Scheibenbremsen rundum, vorne innenbelüftet) und bringen den Spider schnell und spurtreu zum Stand.
Gut liegt der Barchetta auf der Straße. Er ist kein virtuoser Kurvenkünstler, sondern eher teutonisch solide und sicher. Im Ernstfall untersteuert der Fronttriebler in zu schnellen Kurven ganz leicht, lässt sich aber auch mit hohem Tempo problemlos durch enge und schnelle Kurven ziehen. Die relativ breiten 195/55er Reifen bieten ausreichend Traktion in jeder Situation.
Die Federung ist sportlich-hart, die Dämpferabstimmung lässt aber dennoch nicht jede Bodenunebenheiten in den Innenraum durchdringen. Da wird auch das offen Fahren auf weniger guten Straßen (aber bitte keine Schlaglöcher) zum Genuss.
Die serienmäßige Sicherheitsausstattung ist vollständig mit Verstärkungen in der Karosserie, Verstärkungsprofile in den Türen, Überrollbügel in der Windschutzscheibe, ABS und Servolenkung, elektronischer Wegfahrsperre, Drei-Punkt-Sicherheitsgurte mit Gurtstraffern sowie Fahrer- und Beifahrerairbag (mit Schlüssel deaktivierbar). Seitenairbags gibt es bislang für diese Sportsitze nicht.
Das Basismodell des Barchetta kostet 38.900 Mark. Das fast identisch ausgestattete Sondermodell Lido (hier kostet das ansonsten serienmäßige Radio extra, aber Lenkrad und Schaltknauf sind ohne Aufpreis lederummantelt) ist schon für 35.390 Mark zu haben. Der Preisvorteil beträgt bei identischer Ausstattung 3.290 Mark.
Der Barchetta Riviera ist umfangreicher ausgestattet und kostet 39.590 Mark. Dafür gibt es über die Basisausstattung hinaus vier 15-Zoll-Leichtmetallräder im Turbinenschaufeldesign, Windschott, Innenausstattung in Leder, Nebelscheinwerfer, eine automatische Radioantenne sowie elektrisch einstellbare Außenspiegel und funkfernbediente Zentralverriegelung. Aufpreis hat bei unserem Testwagen lediglich die Metallic-Lackierung gekostet (550 Mark). Eine Alarmanlage schlägt mit 510 Mark zu Buche, eine Klimaanlage mit 2.070 Mark und ein Hardtop in Wagenfarbe mit beheizter Heckscheibe mit 3.000 Mark. Insgesamt bekommt man bei Fiat eine ganze Menge Roadster für wenig Geld.
Fiat gewährt ein Jahr Garantie auf den Wagen ohne Kilometerbegrenzung, ein Jahr Mobilitätsgarantie, drei Jahre auf den Lack und 8 Jahre gegen Durchrostung. Die Wartungsintervalle liegen bei 20.000 km. Bei den Versicherungsklassen ist der Barchetta allerdings recht hoch eingestuft: 15 / 29 / 34 (KH / VK / TK).
© September 2000 Petra Grünendahl, Fotos: grü / IN*TEAM