Lancia Delta III

Testbericht.
Lancia Delta 3 1.6 MultiJet Oro
Bella Italia
Von Petra Grünendahl

Optisch hat Lancia mit dem Delta wieder ein Schmuckstück auf die Räder gestellt. Die markante Front trägt das Familiengesicht und findet sich in ähnlicher Form in Ypsilon, Musa, Phedra und Thesis wieder. Dahinter nimmt der Delta seine eigenen Formen an. Mit klaren Linien, fließenden Flächen und dezenten Kurven ist der Delta eine dynamische Erscheinung. Chromapplikationen an Kühlergrill und Seitenscheiben sowie die Türgriffe in Chrom-Optik geben der modern gezeichneten Karosserie klassische Akzente. Die Chromleisten oben an den Fenstern verraten die Oro-Ausstattung. Die geschwungenen, streifenförmigen LED-Leuchten am Heck erinnern an das Lancia-Oberklassemodell Thesis.

Im Jahr 2008 kam die dritte Generation des Lancia Delta auf den Markt. Zwischen der zweiten Generation (1993 – 1999) und der Aktuellen füllte Lancia die Lücke im Programm mit dem Lybra (1999 – 2006), den es aber nur als Stufenheck-Limousine und als Kombi gab. Der Lybra war damit genau genommen nur der Nachfolger des Dedra (1989 – 99), der Stufenheck- und Kombiversion des Delta. Für ausgiebige Tests stand uns ein Lancia Delta 1.6 Multijet mit 120 PS in der Ausstattungslinie Oro in Bi-Colore-Lackierung Luna Plena Elfenbein / Lava Schwarz zur Verfügung.

 

Fünf Türen bieten guten Zugang zum Innenraum, einzig durch die Heckklappe ist das Einladen wegen der hohen Ladekante (79 cm) etwas mühselig. Die 4,52 m lange Kompaktklasse-Limousine bietet fünf Passagieren sehr akzeptable Platzverhältnisse. Die straffen Sitze vorne sind gut konturiert und bieten entsprechenden Seitenhalt. Auch die Außenplätze hinten bieten dank leichter Konturen ausreichenden Seitenhalt. Lediglich auf dem Mittelplatz im Fond fühlt man sich etwas aufgebockt. Allerdings sind Sitzriesen auf der Rückbank nicht wirklich optimal aufgehoben, denn die Kopffreiheit leidet ein wenig unter der früh abfallenden Dachlinie: Schönheit hat halt ihren Preis. Der Laderaum fasst ordentliche 380 Liter. Die Rückbank kann zudem in Längsrichtung verschoben werden – je nachdem, ob man mehr Laderaum oder mehr Kniefreiheit im Fond wünscht. In der vordersten Position fasst der Laderaum 465 Liter. Bis zu 1.190 Liter sind nach dem Umklappen der asymmetrisch geteilten, neigungsverstellbaren und umlegbaren Rückbanklehne möglich. Die 495 kg maximal erlaubte Zuladung reichen auch für größere Transportaufgaben.

Nicht nur optisch macht der neue Delta deutlich viel mehr her als der Alte – das gilt ebenso für den Dedra. Auch die Qualität ist von einem ganz anderen Kaliber: hochwertig sind die Materialien und mehr als ordentlich die Verarbeitung. Lancia will heute in einer ganz anderen Liga spielen, um damit eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Chromringe um die Anzeigeninstrumente setzen auch im Innenraum die klassische Linie fort. In puncto Ergonomie lässt das Cockpit keine Wünsche offen, die Bedienung erfolgt intuitiv und ohne Ablenkung vom Verkehrsgeschehen. Ablagen sind reichlich vorhanden: Handschuhfach, Fächer in allen vier Türen, eine Kartentasche an der Rückseite des Beifahrersitzes, ein Brillenfach über der Tür, seitlich unterm Lenkrad, Getränkedosenhalter auf dem Mitteltunnel und eine Mittelarmlehne vorne mit integrierter Kühlbox und Dokumentenfach.

Drei Ausstattungslinien stehen dem Käufer zur Wahl. Recht umfangreich ist hier schon die Grundausstattung: Die Basisversion Argento (ital. Silber) fährt vor mit einer funkfernbedienten Zentralverriegelung, elektrisch einstellbaren und beheizbaren Außenspiegeln, elektrischen Fensterhebern rundum, CD-Radio (mp3-fähig), Multifunktionstasten am Lenkrad zur Audiobedienung, Bordcomputer mit Multifunktionsdisplay, manueller Klimaanlage, LED-Tagfahrlicht und 16-Zoll-Stahlräder. Die Nebelscheinwerfer verfügen über eine Kurvenlichtfunktion. Die nächsthöhere Ausstattungsvariante heißt Oro (ital. Gold) und umfasst darüber hinaus abgedunkelte Scheiben hinten und 16-Zoll-Leichtmetallfelgen. Die Innenausstattung (inkl. Lenkrad und Schaltknauf) ist in Leder/Alkantara gehalten. Die Außenspiegel sind elektrisch anklappbar. Hinten gibt es nun auch eine Mittelarmlehne – und das sogar mit Ablagefach.

Aufpreis kosteten in unserem Testwagen Features wie ein höherwertiges CD-Radio (mp3-fähig), die Blue&Me-Freisprechanlage (mit Bluetooth, Multifunktionstasten am Lenkrad für Audio und Mobilfunk sowie USB-Port), eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Spurhalteassistent, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen (gibt es jetzt nur noch im Look-Paket zusammen mit einem verchromten Doppelendrohr – zum gleichen Preis!) und Parksensoren hinten sowie das Technologie-Paket mit Regen- und Dämmerungssensor, automatisch abblendendem Innenspiegel und Tempomat. In der Ausstattungsversion Platino (ital. Platin) gehören die Bi-Colore-Lackierung, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, die Zwei-Zonen-Klimaautomatik und ein elektrisches Panorama-Glasschiebedach mit Namen Granluce (ital. helles Licht) ebenfalls zur Serienausstattung.

 

Motorisiert war unser Lancia Delta mit dem gleichen 1,6-Liter-Common-Rail-Aggregat (1.6 Multijet 16V) wie schon der Alfa MiTo, allerdings in einer minimal anderen Abstimmung. Die Bezeichnung MultiJet (M-Jet oder auch JTDM) steht in der Fiat Automobilgruppe, zu der auch Lancia und Alfa Romeo gehören, für Dieselmotoren mit einer Common-Rain-Einspritzung der neuesten Generation (die ersten Common-Rail-Diesel hießen Unijet JTD). Alle Dieselmotoren der aktuellen Delta-Baureihe verfügen über einen elektrischen Zuheizer, der das Aufwärmen des Motors beschleunigt. Das kommt der Laufkultur zugute. Die gute Dämmung des Motorraums lässt den Motor nur in der Kaltlaufphase präsent sein, hier kann er den Dieselantrieb nicht ganz verleugnen. Warm gelaufen hört man allerdings kaum noch was davon.

Der 120-PS-Motor geht für eine Basismotorisierung in dieser Klasse in Ordnung, aber der Delta reißt so natürlich keine Bäume aus. Er bietet aber in puncto Antritt, Durchzug und Leistungsentfaltung solide Hausmannskost. Das manuelle Sechsgang-Schaltgetriebe schaltet leichtgängig, knackig und präzise. Das ist gut so, denn der Motor hat angesichts eines Karosseriegewichts von fast 1.5 t seine Grenzen. An Steigungen müht sich der kleine Selbstzünder ganz schön. Da ist dann eifrige Schaltarbeit gefordert, um ordentlich in Fahrt zu bleiben, zumal die Getriebeübersetzung gerade in den höheren Gängen immer länger ausgelegt ist für maximale Kraftstoffökonomie. Mit dem Alfa MiTo und seinen 1.280 kg wirkte der Motor deutlich agiler. Die Beschleunigungsdaten auf dem Stand auf Tempo 100 sprechen für sich: 10,7 Sekunden sind es beim Lancia, 9,8 Sekunden beim kleineren Alfa.

Der Delta erreicht seine Höchstgeschwindigkeit bei 195 km/h. Das reicht für zügige Autobahnfahrten und Überholmanöver allemal. Beim Verbrauch gibt er sich genügsam: Gute 6,1 Liter Dieselkraftstoff konsumiert er je 100 km innerorts, 4,2 Liter sind es außerorts und 4,9 Liter im gemischten Verbrauch nach EU-Norm (alles Herstellerangaben, ermittelt unter Idealbedingungen auf dem Rollenprüfstand). Der Motor erfüllt bereits die Abgasnorm EU5, der CO2-Ausstoß beträgt 130 g pro km. Deutlich besser im Verbrauch agiert übrigens das automatisierte Schaltgetriebe, das für diese Motorisierung verfügbar ist: mit 5,7 Litern in der Stadt, 3,9 Litern außerorts und 4,6 Litern im gemischten Verbrauch kommt man deutlich sparsamer ans Ziel – bei identischen Beschleunigungswerten und fast der gleichen Höchstgeschwindigkeit (194 km/h).

 

Der Delta wird – wie alle aktuellen Lancia – über die Vorderachse angetrieben. Tadellos ist sein Geradeauslauf, die Lenkung ist direkt ausgelegt und spricht gut an. Präzise folgt das Fahrzeug den Lenkbefehlen des Fahrers, da kommt schon richtig Freude auf! Auch wenn der neue Delta nicht ganz so sportlich zu handeln ist, wie noch das Vormodell. Der Neue ist schließlich Ausdruck des Premium-Anspruches, den die Marke Lancia heutzutage verkörpert. Das heißt, er will über Komfort und nicht über Sportlichkeit punkten. Und das tut er sehr ordentlich! Das Fahrwerk ist eher komfortabel abgestimmt, aber nicht zu weich. Souverän schluckt er kleinere Unebenheiten. Problemlos und neutral meistert der Delta die flotte Kurvenhatz ebenso wie plötzliche Ausweichmanöver. Lediglich ein leichtes Schieben über die Vorderräder kündigt irgendwann bei hohem Kurventempo das Nahen des Grenzbereichs an. Insgesamt ist er recht wendig.

Anstelle der 16-Zoll-Basisräder (195/55er Reifen) trägt unser Testwagen 18-Zöller mit 225/40er Bereifung. Trotz ausgesprochener Breitreifen ist er in keinster Weise unkomfortabel, weil das Fahrwerk nicht besonders sportlich ausgelegt ist. Das hat zwar eine recht deutliche Seitenneigung in den Kurven zufolge, beeinträchtigt aber nicht die Sicherheit der Straßenlage. Die Bremsanlage mit Scheibenbremsen rundum (vorne innenbelüftet) spricht gut an und verzögert im Notfall prompt und sicher.

Die Ganzstahlkarosserie verfügt über Seitenaufprallschutz sowie Aufprallenergie absorbierende Karosserieelemente vorne und hinten. Im Innenraum schützen die Insassen Drei-Punkt-Gurte, Kopfstützen auf allen Plätzen (vorne aktive Kopfstützen), die Kindersitzvorrüstung Isofix im Fond sowie das Fire Prevention System FPS. Im EuroNCAP bekam der kompakte Italiener im vergangenen Jahr fünf Sterne für Insassenschutz, drei Sterne für Kindersicherheit und zwei Sterne für Fußgängerschutz. An Fahrassistenzsystemen hat Fiat dem Lancia Delta ein Paket namens „Absolute Handling System“ mitgegeben. Es beinhaltet ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung EBD und Bremsassistent sowie ESP mit Hill-Holder-Funktion, Antriebsschlupfregelung, Torque Transfer Control TTC (sorgt über Bremseneingriff für begrenzten Schlupf), Dynamic Steering Torque DST (stabilisierender Lenkeingriff) und die Motorschleppmoment-Regelung MSR (vermindert Blockiertendenzen der Antriebsräder). Tagfahrlicht ist hier – genau wie beim Alfa MiTo – Serie, denn in Italien gilt außerorts geschlossener Ortschaften auch tagsüber die Scheinwerferpflicht. Tagfahrlicht und Rückleuchten arbeiten mit LED-Technik, die Nebelscheinwerfer agieren als Kurvenlicht. Serienmäßig ist ein Reifen-Reparatur-Set an Bord, gegen Aufpreis gibt es – wie in unserem Testwagen – ein Notrad. Optional ist auch eine Reifendruckkontrolle verfügbar, die für die Montage von Reifen mit Notlaufeigenschaften zwingend erforderlich ist.

 

Ab 19.990 Euro gibt es den Lancia Delta in der Argento-Ausstattung mit 1,4-Liter-T-Jet-Ottomotor und 120 PS. Der 1.6 MultiJet steht ab 22.400 Euro in den Preislisten, unsere Oro-Ausstattung schlägt dann schon mit 24.700 Euro zu Buche. Aufpreis kosten hier die Bi-Colore-Lackierung, die Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Parksensoren hinten, 18-Zoll-Leichtmetaller und das Technologie-Paket.

Lancia gibt eine zweijährige Neuwagen-Garantie ohne Kilometerbegrenzung, die optional auf 5 Jahre bis 150.000 km erweiterbar ist. Drei Jahre geben die Italiener auf den Lack sowie acht Jahre auf die Karosserie gegen Durchrostung. Eine fast europaweite Mobilitätsgarantie gibt es für die Laufzeit der Neuwagen-Garantie. Zum Service muss der Lancia Delta nach 30.000 oder 35.000 km (je nach Motorisierung) oder einmal im Jahr. Die Versicherungen stufen das Modell in die Typklassen 20 / 19 / 21 (KH / VK / TK) ein.

© August 2009
Petra Grünendahl
, Fotos: grü / IN*TEAM

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